Die Schneeflockenmethode

Die Schneeflockenmethode

So, genug mit den Zahlen. Ihr wisst jetzt, was eine 3-, 5- und 7-Akt-Struktur ist, jetzt wenden wir uns einem Plottingkonzept zu, das direkt von der Natur inspiriert wurde. Die Schneeflockenmethode.

Habt ihr schon mal eine fallende Schneeflocke gefangen und sie euch ganz genau angeschaut? Man muss sehr schnell sehr genau hinschauen, aber dann erkennt man, dass sie aus einem Kern mit vielen kleinen Verästelungen besteht. So ist auch das Plotmodell aufgebaut, das Randy Ingermanson 2014 erfunden hat. Ihr seht, die Methode ist noch gar nicht so alt, erfreut sich aber großer Beliebtheit. Im Folgenden erkläre ich euch, wie sie aufgebaut ist.

Die Schneeflockenmethode besteht aus den folgenden 10 Schritten:

  1. Die Geschichte in einem Satz
  2. 5 Sätze, drei Katastrophen und eine Lösung
  3. Die Protagonisten
  4. 25 Sätze – Das Skelett deines Romans
  5. Was denken deine Protagonisten?
  6. Fünf Seiten Text
  7. Hintergrundgeschichte der Figuren
  8. Szenentabelle
  9. 50 Seiten Zusammenfassung
  10. Vom Entwurf zur Geschichte

Das Besondere an dieser Methode? Manche der Schritte erfordern, sie in einem bestimmten Zeitrahmen abzuschließen, um sie nicht zu sehr zu zerdenken.

Die Geschichte in einem Satz

Das klingt schwierig und ist es wahrscheinlich auch. Fasst die Geschichte in einem Satz zusammen. Um das Ganze noch ein bisschen schwieriger zu machen, solltet ihr dabei nicht mehr als 15 Wörter verwenden, und die Handlung so allgemein wie möglich halten, keine Figurennamen verwenden und die Aufgabe innerhalb einer Stunde abschließen. Falls euch das jetzt abschreckt: Ihr könnt natürlich am Ende oder zwischendurch immer wieder zurückgehen und eure einzelnen Schritte überarbeiten.

5 Sätze, drei Katastrophen und eine Lösung

Hier geht es darum, wiederum innerhalb von einer Stunde in fünf Sätzen die Handlung zu skizzieren.

Im ersten Satz soll es um den/die Protagonist*in gehen, den Handlungsort und die Handlungszeit, sowie kurz Hintergrund und Aufbau der Geschichte.

Der zweite Satz beschreibt die erste Katastrophe oder den ersten Konflikt, mit dem der/die Protagonist*in konfrontiert wird. Das kennen wir ja schon aus den anderen Plottingmethoden.

Der dritte Satz soll beschreiben, wie der/die Protagonist*in versucht, die erste Katastrophe zu bewältigen und dabei unbeabsichtigt die zweite Katastrophe auslöst.

Der vierte Satz behandelt die dritte Katastrophe, die aus demselben Grund eintritt wie die zweite.

Der fünfte Satz schließlich soll alle diese Katastrophen idealerweise auflösen.

Mit diesen fünf Sätzen lässt sich übrigens auch wunderbar ein späterer Klappentext konzipieren.

Die Protagonisten

Wenden wir uns den wichtigsten Figuren in unserem Roman zu: Den Protagonisten. Einer oder mehrere, völlig egal, hier kommt ihre erste Glanzstunde.

In diesem Schritt habt ihr für jede*n Protagonist*in jeweils eine Stunde Zeit, um euch über die folgenden Fragen Gedanken zu machen:

  1. Wie lautet der Name der Figur?
  2. Wie würdest du die Geschichte der Figur in einem Satz beschreiben?
  3. Was treibt die Figur an, was möchte sie erreichen?
  4. Was hindert die Figur daran, ihr Ziel zu erreichen?
  5. Was lernt die Figur, während sie versucht, ihr Ziel zu erreichen, und wie verändert sie sich dabei?

Solltet ihr nach Ausarbeitung dieser Fragen feststellen, dass Schritt 1 und 2 jetzt nicht mehr ganz passen, dann geht jetzt gern kurz zurück und überarbeitet, was ihr bisher geschrieben habt. Eine Geschichte lebt von neuen Einfällen.

25 Sätze – Das Skelett eures Romans

Erinnert ihr euch noch an die 5 Sätze aus Schritt 2? Die brauchen wir jetzt. Holt sie hervor und schreibt zu jedem der fünf Sätze vier weitere dazu, sodass ihr am Ende 25 Sätze insgesamt habt. Hierfür könnt ihr euch gern ein paar Stunden Zeit nehmen. Dabei geht es darum, die Konflikte und die Handlung weiter auszuarbeiten. So könntet ihr euch zum Beispiel damit beschäftigen, wie und warum die Konflikte ausgelöst werden und vor allem, wie sie gelöst werden. Am Ende erhaltet ihr so ein grobes Skelett oder Gerüst für euer Buch.

Was denken eure Protagonist*innen?

Nehmt euch noch einmal eure Figuren aus Schritt 3 vor. Gebt jedem von ihnen eine Seite Platz und lasst sie die Geschichte aus ihrer Sicht erzählen. Dafür könnt ihr ruhig mehrere Tage Zeit einplanen, aber ihr müsst euch nicht krampfhaft an die eine Seite halten. Manche Figuren haben vielleicht gar nicht so viel zu erzählen, ihr müsst hier also nicht unnötig ausschmücken. Wichtig ist, sich über die Werte und Moralvorstellungen der Figuren klar zu werden, sowie ihre Entwicklung im Verlauf der Geschichte im Blick zu behalten. Außerdem ist das ein guter Platz, um auf die Stärken und Schwächen eurer Figur einzugehen.

Fünf Seiten Text

Erinnert ihr euch noch an eure 25 Sätze aus Schritt 4? Nehmt jetzt jedes dieser 5er-Satzpäckchen und widmet ihnen eine ganze Seite. Am Ende solltet ihr fünf Seiten Text haben, in denen die Informationen aus den vorhergehenden Schritten eingebaut (und vielleicht ausgebaut) sind. Hier solltet ihr vermehrt auf die Logik eurer Geschichte eingehen und achten.

Hintergrundgeschichte deiner Figuren

Ihr wisst jetzt, wie die Figuren die Geschichte erleben, was ihre Ziele und Motive, Stärken und Schwächen sind, aber sonst? Wie sieht es mit der Größe, Haar- und Augenfarbe aus? Mit besonderen Merkmalen und Hobbys?

Erstellt für jede Figur einen Steckbrief (nur für euch, er soll am Ende nicht in der Geschichte auftauchen!), die sich mit den folgenden Aspekten befasst (natürlich könnt ihr noch mehr hinzufügen oder andere Schwerpunkte setzen, wie ihr möchtet):

  • Biografie
  • äußere Erscheinung (Haarfarbe, Kleidungsstil, Augenfarbe, Körperbau, etc.)
  • soziales Umfeld
  • Geburtsdatum/ Geburtsort
  • Motivation
  • Ziele
  • Hobbys
  • Ängste
  • Marotten/ Eigenheiten
  • Sprache
  • Prägende Erinnerungen etc.

Diese Steckbriefe sind nur für eure Unterlagen gedacht und ihr müsst auch nicht alle Informationen aus dem Steckbrief wirklich in der Geschichte verwenden, wenn ihr findet, dass dafür kein Platz ist. Mir persönlich hilft sowas, damit ich Dinge wie Augenfarben nicht durcheinander schmeiße.

Die Szenentabelle

An dieser Stelle empfiehlt Ingermanson, noch einmal die fünf Seiten Text zur Hand zu nehmen, die ihr in Schritt 6 erstellt habt. Erstellt eine Tabelle, die die folgenden Dinge festhält:

  • Ort der Szene
  • Tageszeit zu der die Szene spielt
  • Perspektive (Aus welcher Sicht wird erzählt)
  • Handlung
  • Stimmung / Lichtverhältnisse
  • Wichtige Merkmale

Am Ende solltet ihr eine Liste mit 100 Szenen haben. Es ist aber überhaupt nicht tragisch, wenn es weniger sind. ACHTUNG: Szenen sind hier nicht gleichzusetzen mit Kapiteln. Ein Kapitel kann durchaus in mehrere Szenen unterteilt sein, ihr müsst also keine 100 Kapitel schreiben, sondern vielleicht nur 50. Oder 30.

Achtet hier auch darauf, die Konflikte, die ihr euch für die Handlung überlegt habt, nicht aus den Augen zu verlieren. 

Ergänzen!

In diesem Schritt nehmt ihr euch wieder eure Plotzusammenfassung mit den fünf Seiten und eure Szenentabelle vor. Am Ende soll alles so ausgearbeitet und ergänzt worden sein, dass ihr eine 50-seitige Zusammenfassung eurer Handlung habt. Dieser Schritt kann jedoch auch übersprungen werden, wenn ihr meint, das mit der Szenentabelle ausreichend abgedeckt zu haben.

Schreiben!

Nun nehmt ihr eure Zusammenfassung, eure Figurensteckbriefe und eure Szenentabelle und schreibt eure Geschichte.

Gutes Gelingen!


Habt ihr schon mal eine Geschichte mit dieser Methode geplottet? Wie hat euch die Methode gefallen? Schreibt es gerne in die Kommentare!

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