Sophie erzählt: So überarbeite ich
Nachdem Bianca uns vor einiger Zeit erzählt hat, wie ihre Schreibroutine aussieht, bin heute ich dran, und ich erzähle euch jetzt, wie mein ganz persönlicher Überarbeitungsprozess aussieht.
Wie es beim Schreiben natürlicherweise so ist, müssen wir zwischendurch aufhören, so gern wir auch weiter und immer weiter machen würden, weil es so sehr Spaß macht. Aber wir müssen uns schließlich auch noch um andere Sachen kümmern. Essen und schlafen wäre auch nicht schlecht und ab und zu möchten vielleicht auch andere Menschen Zeit mit uns verbringen. Also hören wir in unserem Dokument irgendwo auf, manchmal nach einem Absatz, einem Kapitel oder mehreren Seiten, und am anderen Tag (oder irgendwann anders, wenn wir wieder ausreichend Zeit und Headspace haben) setzen wir uns wieder an unseren Text.
Hier fange ich eigentlich direkt schon an, zu überarbeiten. Ich lese das, was ich zuvor geschrieben habe, noch einmal durch. Nicht nur, um wieder in die Geschichte hineinzufinden, sondern auch, um zu sehen, ob das, was ich dort geschrieben habe, in Ordnung ist. Rechtschreibfehler ausmerzen, Grammatik überprüfen, Sätze umstellen, möglicherweise Dinge ergänzen, die ich vergessen habe, oder auch schon mal Dinge streichen, die mir im Nachhinein nicht mehr gefallen. Es ist schon vorgekommen, dass ganze Absätze, Seiten oder Kapitel wieder aus dem Dokument verschwunden sind, weil ich nicht zufrieden mit ihnen war. Macht nichts, man kann alles neu schreiben, und die zweite Version ist ja zumeist ohnehin besser als die erste.
Das führt dann am Ende auch dazu, dass ich im fertigen Produkt gar nicht mehr so viel umstellen muss. Da wird dann das oben beschriebene Prozedere nochmal angewandt, aber auf einem größeren Maßstab, nämlich kapitelweise. Ich schaue nochmal drüber, ob ich vielleicht Dinge nachschlagen muss, ob sich die Figuren verhalten, wie sie das sollten, ich überprüfe die Dialoge noch einmal und feile dort ein bisschen herum. Ist dieser Prozess abgeschlossen, wird das Programm gewechselt. Ich schreibe in Scrivener und habe mir irgendwann mal den dekadenten Luxus gegönnt, parallel Papyrus in Benutzung zu haben, weil ich die Stilkorrektur dort sehr mag. Die wird jetzt also auf das entsprechende Dokument angewandt. Man kann sich dort nur die Dialoge anzeigen lassen, um daran zu feilen, man kann unterschiedliche Überarbeitungsstufen einstellen oder diese über mehrere Überarbeitungsrunden anpassen, und das Programm hat auch einen sogenannten „Lesbarkeitsindex“, der einem sagt, wie einfach oder kompliziert die einzelnen Teile des Textes für einen Leser zu verstehen sind. Was man damit macht, ist jedem selbst überlassen. Ich versuche immer, einen generellen „grünen“ Lesbarkeitsindex zu erreichen, mit relativ wenigen Sätzen, die gelb, orange oder rot sind.
Anschließend wird der ganze Text nochmal gelesen und wenn nötig, werden die obigen Schritte so lange wiederholt, bis ich zufrieden bin. So kann es vorkommen, dass ich einen Text ein halbes Dutzend Mal intensiv durchgearbeitet habe, bis ihn jemand anderes zu sehen bekommt.
Wenn ihr nicht die Möglichkeit habt, teure Schreib- und Überarbeitungsprogramme zu kaufen, die euch ein bisschen Arbeit abnehmen, kann es aber zum Beispiel auch hilfreich sein, den Text auszudrucken und von Hand durchzuarbeiten, etwa indem ihr für verschiedene Dinge verschiedene Farben von Textmarkern oder Notizzettel oder ähnliche Hilfsmittel verwendet. Wenn ihr euch damit wohl fühlt, könnt ihr den Text auch einer vertrauenswürdigen Person geben, von der ihr wisst, dass ihr Feedback hilfreich sein wird, damit diese euren Text für euch durcharbeitet und euch mit ihren Hinweisen auf Fehler und Probleme aufmerksam macht, die ihr dann beheben könnt. Oder ihr ladet euch den Text auf ein anderes Medium (wie zum Beispiel einen E-Reader oder ein Tablet) und lest ihn dort noch einmal. Es kann auch helfen, einfach die Schriftart und -größe zu ändern, damit man mit einem frischen Blick auf den Text schaut und noch den einen oder anderen Fehler findet, der sich zu verbergen versucht.